Ebenso wie den Bilderklau erleben wir auch den Textklau in unserer Anwaltspraxis regelmäßig. Zahlenmäßig ist der Textklau nicht ganz so häufig wie der Bilderklau. Der Textklau kann somit als der kleine Bruder des Bilderklaus bezeichnet werden. Ähnlich wie bei Bildern kommt es auch bei Texten immer wieder vor, dass der Inhaber der Nutzungsrechte – in aller Regel derjenige, der einen Text geschrieben hat – nicht um Erlaubnis gefragt wird, sondern dass der Text einfach so im Internet oder auch in Printmedien verwendet und damit eine Urheberrechtverletzung begangen wird. Während es im vordigitalen Zeitalter noch ein wenig aufwändiger war, fremde Texte zu verwenden und während damals auch noch ein etwas höheres Unrechtsbewusstsein galt, bietet das Internet eine einfache Möglichkeit, fremde Texte per Ausschneiden und Einfügen ohne nennenswerten Aufwand in beliebiger Weise zu benutzen. Vielen Personen ist es dabei egal, dass sie dabei das Urheberrecht des Autors bzw. des sonstigen Inhabers der Nutzungsrechte verletzen.
Es werden im Internet nach unserer Erfahrung Texte aller Couleur verwendet. Seien es Biographien, Kochrezepte, Gebrauchsanweisungen, Gedichte, Sammlungen oder sonstige urheberrechtlich geschützte Texte, die Liste von zu Unrecht und unter Verletzung der Urheberrechte verwendeten Texte ist lang. Betroffen von einem solchen Textklau kann daher jeder sein, der Texte in das Internet einstellt. Viele Rechteinhaber gehen davon aus, dass man nur dann Rechte an einem Text herleiten kann, wenn man den Text zu kommerziellen Zwecken hergestellt hat. Dies ist jedoch nicht der Fall. Geschützt ist somit jeder Text, der die notwendige Schöpfungshöhe aufweist (hierzu unten), unabhängig davon, zu welchen Zwecken der Text durch den Autor erstellt wurde.
Ähnlich wie im Falle des Bilderklaus ist auch im Falle des Textklaus jede Verwendung eines Textes ohne vorherige Erlaubnis des Rechteinhabers unzulässig. Im Urhebergesetz (UrhG) sind verschiedene Nutzungsarten aufgeführt, die ohne vorherige Erlaubnis des Autors bzw. des sonstigen Inhabers der Nutzungsrechte an den Texten unzulässig sind. So ist in § 16 UrhG das Recht auf Vervielfältigung genannt, § 17 UrhG regelt das Verbreitungsrecht, § 18 UrhG das Ausstellungsrecht, § 19 UrhG das Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrecht und § 19 a UrhG das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung.
Beim Textklau im Internet ist § 19a UrhG einschlägig, da in diesem Fall in das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung eingegriffen wird.
Anders als bei der unberechtigten Nutzung von Lichtbildern (Bilderklau), bei welchem § 72 UrhG auch einfachste Knipsbilder dem urheberrechtlichen Schutz unterstellt, ist beim Textklau in vielen Fällen die Schöpfungshöhe gesondert zu prüfen. Voraussetzung ist für jedes Werk nach § 2 Abs. 2 UrhG das Vorliegen einer persönlichen geistigen Schöpfung. Bei literarisch besonders hochwertigen Texten wie Gedichten oder Romanen liegt die Bejahung einer persönlichen geistigen Schöpfung und damit die erforderliche Schöpfungshöhe auf der Hand. Bei einfachen Texten wie Gebrauchstexten muss dies gesondert untersucht werden. Nicht geschützt sind einfachste Texte, die nicht über das Durchschnittliche, Alltägliche, Handwerksmäßige hinausgehen (aus einer Definition des BGH). Eine schematische Zusammenstellung des wesentlichen Inhalts etwa in Gebrauchsanweisungen oder AGB kann dazu führen, dass der Text nicht urheberrechtlich geschützt ist, da die Schöpfungshöhe nicht erreicht wird. Die Schöpfungshöhe bei AGB und bei Gebrauchsanweisungen hat in der jüngeren Vergangenheit immer wieder die Gerichte beschäftigt. Auch Anwaltsschriftsätze sind beispielsweise nur dann urheberrechtlich geschützt, wenn Sie über das Durchschnittliche, Alltägliche hinausgehen. Besonders hochwertige, originelle Anwaltsschreiben sind daher als Sprachwerke geschützt, besonders schlechte kurioserweise auch, nicht hingegen „durchschnittliche“ Anwaltsschriftsätze.
Nach der Rechtsprechung des BGH zur sog. kleinen Münze und auch nach der Rechtsprechung des EuGH wird zunehmend von einem weiten Schutzniveau ausgegangen. Der BGH hat in seiner Geburtstagszug-Entscheidung vom 13. November 2013 (I ZR 143/12) entschieden, dass an den Urheberrechtschutz von Werken der angewandten Kunst grundsätzlich keine höheren Anforderungen zu stellen sind als an den von Werken der zweckfreien Kunst. Was dies in der Praxis für Textklau-Fälle bedeutet, lässt sich noch nicht abschließend sagen. Sicher ist jedoch, dass bei dem zu fordernden Grad der Schöpfungshöhe bei Gebrauchstexten mehr noch als bisher keine allzu strengen Maßstäbe anzulegen sind und dass somit das Schutzniveau der Rechteinhaber weiter gestärkt wird. Unter Umständen nicht als ausreichend anzusehen für die Schöpfungshöhe sind einfache Gebrauchtstexte, die rein beschreibend sind, wie beispielsweise Wegbeschreibungen, Angebote von Immobilienmaklern oder Gebrauchsanweisungen. Auch hier kommt es jedoch immer auf den Einzelfall an.
Einen spannenden Fall hatte der BGH im Jahr 1990 zu entscheiden (Urteil vom 07.06.1990, AZ. I ZR 191/88 - Goggolore). In dem Fall war es um eine Sage namens "Der Goggolore - Eine heidnische Legende aus Altbayern" gegangen, die erstmal im Jahr 1935 in einem Verlag erschienen war. Im Jahr 1984 veröffentlichte ein Autor ein Buch mit dem Namen "Der Goggolori - Eine bairische Mär. Stück in acht Bildern und einem Epilog". Beide Bücher hatten denselben Sagenstoff zum Inhalt. Die Erbin des ersten Buches klagte nunmehr bis zum BGH gegen den Auto des zweiten Buchs und dessen Verlag und nahm eine Urheberrechtsverletzung an. Der BGH bejahte eine eigenschöpferische Leistung des Autors der usprünglichen Fabeln. Die Vorinstanz hatte nicht geprüft, ob das Werk erfundene Geschichten enthielt, weshalb der BGH den Fall an das OLG München zurückverwies. Interessant ist jedoch in Bezug auf die Schutzfähigkeit, dass der BGH insoweit keinerlei Bedenken hatte.
Der Textklau zieht verschiedene Ansprüche des Autors bzw. des sonstigen Inhabers von Nutzungsrechten nach sich. Die einzelnen Ansprüche, zu denen Sie im Detail ein Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht beraten kann, werden im Folgenden dargestellt.
Wie bei jedem anderen urheberrechtlich geschützten Werk steht Autoren bzw. sonstigen Inhabern von Nutzungsrechten eine Reihe von Ansprüchen zu, wenn Texte ohne ihre vorherige Einwilligung im Internet oder sonstwie verbreitet werden. Der wichtigste Anspruch ist der Unterlassungsanspruch. Der Unterlassungsanspruch soll – neben dem Beseitigungsanspruch, der die sofortige Beendigung des rechtswidrigen Zustandes herstellen soll – sicherstellen, dass sich der Textklau zukünftig nicht wiederholt.
Sinnvollerweise sollte der Unterlassungsanspruch per Abmahnung durch einen Rechtsanwalt geltend gemacht werden. Die Kosten einer berechtigten Abmahnung sind vom Verletzer – sprich Bilderklauer – zu erstatten. Wie bei jeder urheberrechtlichen Abmahnung muss vorab gründlich geprüft werden, ob die Ansprüche tatsächlich bestehen (vor allem in Bezug auf die ausreichende Schöpfungshöhe und eine etwaige Einräumung von Nutzungsrechten). Denn wenn dies nicht der Fall, besteht kein Unterlassungsanspruch und in diesem Fall ist die Abmahnung auch unbegründet. In diesem Fall scheitert nicht durch die Durchsetzung der vermeintlichen Ansprüche, sondern sind zusätzlich auch dem Gegner die Kosten der Rechtsverteidigung (eigene Anwaltskosten des Gegners) zu erstatten.
Während der Unterlassungsanspruch in die Zukunft gerichtet ist, soll der Schadensersatzanspruch eine Kompensation des Urhebers für die bereits eingetretene Rechtsverletzung bieten. Über die Höhe des Schadensersatzanspruchs besteht immer wieder Streit.
Die Höhe des Schadensersatzes beim Textklau richtet sich nach Art und Umfang der Nutzung des Textes. Der Rechteinhaber kann dabei auf die Grundsätze der Lizenzanalogie zurückgreifen, die die Rechtsprechung im Urheberrecht entwickelt hat. Dabei ist danach zu fragen, was ein vernünftigter Lizenzgeber und ein vernünftiger Unternehmer in Kenntnis der Sachlage vereinbart hätten. Zur Berechnung des konkreten Schadensersatzes können branchenübliche Vergütungssatze und Tarife herangezogen werden. Beim Textklau kann gegebenenfalls auf die vom Deutschen Journalisten-Verband herausgegebenen Vertragsbedingungen und Honorare zurückgegriffen werden (Stand 2013; Link: https://www.djv.de/fileadmin/user_upload/Freiendateien/Freie-Honorare/web_Wissen2_2013.pdf).
Am einfachsten und zweckmäßigsten ist der Schadensersatz zu berechnen, wenn der Autor des Textes eine eigene Vergütungspraxis nachweisen kann. Er muss in diesem Fall also darlegen und im Streitfall auch beweisen, dass er eine bestimmte Vergütung auf dem Markt erhält. Eine Preisliste ist noch nicht ausreichend, er muss vielmehr auch nachweisen, dass er die Preise auch tatsächlich erhält. Es ist dabei auch nicht ausreichend, dass er für irgendwelche anderen Texte einen bestimmten Betrag erhält. Er muss optimalerweise vielmehr nachweisen, dass er für den unerlaubt verwendeten Text einen bestimmten Betrag am Markt erzielt oder - sofern dies nicht möglich ist - wenigstens für vergleichbare Texte. Im Zweifel müssen daher (im Übrigen geschwärzte) Rechnungen vorgelegt werden.
Um dem Rechteinhaber die Berechnung des konkreten Schadensersatzes zu ermöglichen, steht ihm gegen den Verletzer ein Anspruch auf Auskunftserteilung zu. Im Rahmen der Auskunft können Angaben dazu verlangt werden, woher der urheberrechtlich geschützte Text bezogen wurde und wie lange und in welchem Umfang er in welcher Nutzungsart verwendet wurde. Der konkrete Schadensersatz kann dann nach Auskunftserteilung beziffert werden. Im günstigsten Fall erfolgt dies außergerichtlich. Wird jedoch außergerichtlich keine oder keine vollständige Auskunft durch den Verletzer erteilt, kann der Auskunftsantrag auch gerichtlich geltend gemacht werden. Möglich ist dann auch eine sogenannte Stufenklage, in der der Schadensersatzanspruch zunächst dem Grunde nach geltend gemacht und nach Auskunftserteilung beziffert wird.
Wenn Sie die Informationen auf dieser Seite gelesen haben und dieser erste Überblick Ihnen weitergeholfen hat, würden wir uns freuen. Für weitere Fragen stehen wir Ihnen gerne mit Rat und Tat zur Seite. Sofern erforderlich sprechen wir in Ihrem Namen eine Abmahnung gegen den Verletzer aus und übernehmen nach Rücksprache mit Ihnen die erforderlichen gerichtlichen Schritte. Wir haben auch in Bezug auf Textklau im Internet umfangreiche außergerichtliche und auch gerichtliche Erfahrung aus zahlreichen Mandaten.
Rechtsanwalt Andreas Forsthoff
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht
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Tel. 06221 7249 615
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